Haben Sie schon mal von der Dackellähme gehört? Es handelt sich um Lähmungserscheinungen verursacht durch einen Bandscheibenvorfall. Da der Dackel sehr lange die Statistik bzgl. der Häufigkeit von Bandscheibenvorfällen in absoluten Zahlen angeführt hat, wurde die Erkrankung nach ihm benannt. Seit wenigen Jahren befindet der Dackel sich nur noch auf Platz 2 dieser Rangliste, was eher der Verschlechterung der Gesundheit und der steigenden Beliebtheit der französischen Bulldogge zuzuschreiben ist, als der Gesundung des Dackels. Bleiben wir aber beim Dackel. Je nach herangezogener Statistik erleidet einer von 4 bis 5 Dackeln einen Bandscheibenvorfall in seinem Leben.
Dies muss nicht sofort mit einer vollständigen Lähmung einhergehen. Starke Rückenschmerzen sind hierbei das kleinste Übel der möglichen Symptome. Je nach individueller Betrachtungsweise könnten dies viele oder auch wenige betroffene Dackel sein. Was macht den Dackel aber so anfällig für die Bandscheibenvorfälle? Lange Zeit nahm man an, dass es am Körperbau unserer Dackel liegt. Langer Rücken und kurze Beine, das kann nicht gut gehen. Diese Annahme lässt sich aktuell nicht bestätigen. Sie wurde von einer wahrscheinlicheren Hypothese abgelöst. Im Jahre 2017 veröffentlichte Frau Bannash mit ihren Kollegen eine Studie, in der sie eine Genmutation entdeckt haben, die ursächlich für eine verfrühte Degeneration der Bandscheiben ist: Die Chondrodystrophie. Diese Genmutation konnte neben dem Dackel in einer ganzen Reihe weiterer Hunderassen gefunden werden, wie z.B. Welsh Corgi, Basset, Beagle, Französische Bulldogge, Nova Scotia Duck Tolling Retriver, Pudel und viele weitere. Trotzdem sticht der Dackel mit der Häufigkeit der Bandscheibenvorfälle heraus. Ob dies nun an der hohen absoluten Anzahl an Dackeln liegt oder vielleicht an einem weiteren Gendefekt, bleibt fraglich. Die Besonderheit der Chondrodystrophie ist, dass sie sehr früh im Leben des Hundes zur Degenrationen bis hin zu Verkalkungen von Bandscheiben führt. Das klassische Alter, in dem ein chondrodystropher Hund einen Bandscheibenvorfall erleidet, liegt zwischen 3 bis 7 Jahren. Trotz all dem haben wir Glück, dass die Chondrodystrophie eine Genmutation ist und uns bekannt ist. Denn so haben wir die Chance diese aus dem Dackel herauszüchten zu können. Es handelt sich bei der Vererbung der Chondrodystrophie um einen sogenannten monogen dominanten Erbgang. Das bedeutet, dass die Chondrodystrophie nur auf einem Gen festgeschrieben ist und leider eine Genkopie ausreicht, um die Ausprägung des Gens zu verursachen. Das macht den Weg der Entfernung der Genmutation durch Zucht sehr langatmig. Je nach Studie und Land tragen etwa 10 bis 25 % der Dackel eine Wildtyp-Kopie der Chondrodystrophie (N-Allel), also die nicht mutierte normale Variante des Gens.
Würden wir in einem Gedankenexperiment nur noch diese Hunde zur Zucht verwenden, ständen wir vor einer Katastrophe der genetischen Verarmung. Wir müssen annehmen, dass ein großer Teil dieser 10 bis 25 % der Dackel nah miteinander verwandt sind. In einigen Studien ist die Anzahl der getesteten Dackel erschreckend gering bzw. wurden oft die Wurfgeschwister als nächstes für die Studie vorgestellt, nachdem man ein "N-Allel" gefunden hat. Das Ziel ist also klar, oder? Wir möchten Chondrodystrophie aus der Dackelpopulation entfernen, sogenannte "N/N-Dackel" züchten, gleichzeitig aber die genetische Diversität erhalten oder sogar verbessern. Dieser Weg wird lang werden, da wir erst einmal eine ganze Reihe an mischerbigen Dackeln züchten müssen, um der genetischen Verarmung entgegenzuwirken, die sonst unsere Dackel ereilen würde. Blöd nur, dass auch mischerbige Dackel von Chondrodystrophie betroffen sind. Was ist also mit den anderen mischerbigen und reinerbigen chondrodystrophen Dackeln, die geworfen werden? Sind die einem einfach egal auf dem Weg zum Ziel? Nein, auch hier kann man mit guter Zucht, das Risiko eines Bandscheibenvorfalles deutlich minimieren.
Noch unklar ist, warum chondrodystrophe Dackel unterschiedliche Anzahlen von degenerierten Bandscheiben zeigen, oder ob diese unterschiedlich stark betroffen sind. In Dänemark und Schweden orientiert man sich bei der Zucht an der im Röntgen bestimmten Anzahl an degenerierten Bandscheiben zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr jedes Dackels in der Zucht. Diese Zuchtpraktik wird nun schon ein paar Jahre lang umgesetzt und man kann mittlerweile eine reduzierte Anzahl an degenerierten Bandscheiben beobachten. Ein deutlich verringertes Risiko für einen Bandscheibenvorfall wird aktuell eingeschätzt bei bis zu maximal vier veränderten Bandscheiben. Somit haben wir einen weiteren Anhaltspunkt, ob ein Dackel in Zukunft in der Zucht eingesetzt werden sollte, oder die Nachzuchten verbessern könnte.
Was kann man noch tun? Bekannt ist, dass auch Übergewicht und eine schwache Muskulatur das Risiko für einen Bandscheibenvorfall erhöhen. Eine gute Figur und viel Bewegung oder auch Physio-Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur helfen also einen Bandscheibenvorfall vorzubeugen. Aus Beobachtungen von Züchtern wissen wir, dass sich die Bandscheibenvorfälle in manchen Linien häufen. Ein Dackel, der in der Zucht eingesetzt werden soll, stammt idealerweise von Hunden ab, die in ihrem Leben keinen Bandscheibenvorfall erlitten haben.
Trotz dieses Wissens sind viele weitere Fragen offen: Warum bekommen chondrodystrophe Dackel mit null veränderten Bandscheiben, im Zeitraum zwischen 2 bis 4 Jahren, auch Bandscheibenvorfälle? Gibt es weitere Gendefekte oder Einflüsse, die einen Bandscheibenvorfall beim Dackel verursachen? Die meisten davon werden die Wissenschaftler erst beantworten können, wenn es die N/N-Dackel in hoher Anzahl gibt und somit statistische Auswertungen mit deren Daten getätigt werden können. Am Aussehen unserer Dackel wird sich übrigens nicht viel ändern. Dies belegen die wenigen N/N Hunde, welche bisher bloß durch Zufall durch die Blutuntersuchung entdeckt wurden.
Bericht: TA. Johanna Trapp und TA. Michelle Babilon
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